Die Validierung von Ratingmodellen ist viel mehr als nur Mathematik

Wie kann ein Finanzinstitut eine möglichst akkurate Einschätzung der Bonität eines Kreditnehmers sicherstellen? Die Methoden sowie die Techniken für die Erstellung eines entsprechenden Ratings haben sich in den vergangenen Jahren rasant weiterentwickelt und reichen inzwischen bis zur Anwendung von künstlicher Intelligenz (KI). Die zentrale methodische Herausforderung bleibt aber bestehen: ein Modell zu finden, das möglichst gut zwischen risikoreichen und risikoarmen Kunden und Geschäften unterscheidet. Dazu bedarf es eines elementaren Verständnisses des Geschäftsfeldes, das ein Ratingsystem abdecken soll. Unsere Ratingspezialisten starten daher mit der Analyse der Geschäftsspezifika und des wirtschaftlichen Umfelds und leiten daraus passgenaue Kriterien ab, selbstverständlich unter Berücksichtigung aller regulatorischen Vorgaben.

Ratingsysteme: Nachvollziehbarkeit muss gegeben sein

Welches Ratingmodell für welche Kreditart verwendet wird, ist nirgends vorgeschrieben. Im Rahmen der Modellfreiheit liegt die entsprechende Auswahl in der jeweiligen Verantwortung des Instituts. Dabei wird die Nachvollziehbarkeit der Ergebnisse immer bedeutender. Dies leisten in der Regel nur Modelle, die zum Geschäftsfeld passen und sich wirtschaftlich logisch verhalten. Dazu sind Analysen sinnvoll, die nachweisen, dass etwa die Verschlechterung bestimmter Eingangswerte auch zu einer entsprechend geringeren Bonitätseinschätzung führt. Doch reine Statistik ist auch hier nicht die vollständige Lösung. Daher arbeiten unsere Spezialisten bei der Entwicklung im Team mit internen Mitarbeitern des Instituts zusammen, führen einen umfassenden Wissenstransfer durch und schreiben eine gut strukturierte und verständliche Entwicklungsdokumentation. Im Ergebnis lassen sich die Kriterien definieren, die eine zuverlässige Bestimmung unter anderem der Ausfallverlustquote – Loss Given Default (LGD) – und der Ausfallwahrscheinlichkeit – Probability of Default (PD) – zulassen.

Modellstärken und Modellschwächen

Natürlich stehen bei der Modellauswahl für ein Ratingsystem zunächst einmal die Stärken im Vordergrund, so etwa eine möglichst hohe Trennschärfe – die Unterscheidung zwischen risikoarm und risikoreich – oder eine gute Prognosefähigkeit, also eine exakte Kalibrierung. Aber jedes Modell hat darüber hinaus auch Schwächen. Die Aufsicht prüft im Rahmen des Supervisory Review and Evaluation Process (SREP) die Modelle und belegt eventuelle Unzulänglichkeiten ergebnis- und risikoorientiert mit Kapitalzuschlägen. Daher gehört zum Modellverständnis auch das Wissen um etwaige Defizite und deren hinreichende Berücksichtigung im Modell – beispielsweise als Margin of Conservatism (MoC) –, um Kapitalaufschläge nach Möglichkeit zu vermeiden.

Design und Validierung

Zur Entwicklung eines Modells gehört immer auch eine Initialvalidierung auf einem nicht zur Realisierung genutzten (Teil-)Portfolio. Erst wenn die unabhängige Validierungseinheit die Angemessenheit der Ergebnisse attestiert, ist diese Phase – zunächst – abgeschlossen. Änderungen des Geschäftsumfelds aufgrund wirtschaftlicher oder regulatorischer Entwicklungen führen zwangsläufig dazu, dass ein Ratingsystem niemals endgültig ist. Im Rahmen einer regelmäßigen Validierung ist es immer wieder zu überprüfen und weiterzuentwickeln.

Unser Leistungsspektrum

PPI verfügt über die erforderliche methodische, prozessuale und regulatorische sowie IT-technische Expertise bei der Konzeption, Implementierung und Validierung von Ratingsystemen in Ihrer Bankorganisation. Wir unterstützen Sie durch

  • eine ständige Aktualisierung und Überprüfung regulatorischer Vorgaben zu Modell- und Validierungsanforderungen 
  • die Entwicklung neuer und die Weiterentwicklung bestehender Ratingsysteme und -methoden
  • den Einsatz etablierter Methoden wie Scorecard sowie, falls geeignet und gewünscht, die Anwendung innovativer Techniken wie beispielsweise Machine Learning oder Explainable AI
  • die Konzeption und Durchführung der Validierung
  • Ansätze zur Quantifizierung von Modellrisiken
  • die Begleitung der Anmeldung der Systeme bei der Aufsicht und der anschließenden Prüfung
  • die Integration von Ratingsystemen in die Gesamtbanksteuerung

Können wir Sie unterstützen?

Dr. Ute Vellbinger PPI AG

Dr. Ute Vellbinger

Managing Consultant

Kontakt
Dr. Michael Herbst PPI AG

Dr. Michael Herbst

Manager Banksteuerung und Regulatorik

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