Versicherer verfügen über sehr heterogene Zielgruppen, dazu gehören alle Altersgruppen und soziale Schichten. Überproportional vertreten sind Menschen mit Beeinträchtigungen – wobei der Anteil dieser Menschen in Deutschland nach Angaben der EU etwa 30 Prozent beträgt. Zu dieser Gruppe zählen zum Beispiel viele ältere Menschen mit verminderten kognitiven Fähigkeiten. Gerade sie sind oft auf die Hilfe von Versicherungen angewiesen und haben ein Recht auf barrierefreien Zugang zu Informationen und Dienstleistungen. Das umfasst nicht nur die Webseiten, sondern auch alle Dokumente, die die Versicherer bereitstellen, wie Antragsformulare, Vertragsunterlagen und Informationsmaterialien.
Die Versicherungsbranche tut sich jedoch auch selbst einen Gefallen mit barrierefreien Angeboten. Denn je mehr Nutzergruppen digitale Angebote nutzen können, desto weniger Aufwand verursachen sie im Kundenservice. Zum Beispiel Kontaktaufnahmen, Anfragen, Schadenmeldungen und Leistungsbearbeitungen lassen sich weitgehend digitalisieren und automatisieren. Auch bei Dokumenten wie Policen und Schadenformularen kann eine barrierefreie Gestaltung den Zugang zu wichtigen Informationen erleichtern und damit den Kundenservice vereinfachen. So werden Ressourcen geschont und Medienbrüche sowie Doppelbearbeitungen vermieden.
Die Versicherungsbranche steht jedoch vor besonderen Herausforderungen bei der Umsetzung der Barrierefreiheit. Schließlich sind viele Versicherungsprodukte und -dienstleistungen komplex und erfordern umfangreiche Informationen und Formulare. Diese Komplexität betrifft nicht nur die Webseiten, sondern auch die Dokumente, die oft komplizierte Antragsformulare oder Vertragsbedingungen enthalten. Deshalb erfordert die Barrierefreiheit in der Versicherungsbranche die Berücksichtigung spezifischer Rahmenbedingungen und aufsichtsrechtlicher Bestimmungen.
Die Digitalisierung ist ein Megatrend, und jeder Versicherer sollte die damit verbundenen Chancen aktiv ergreifen. Barrierefreiheit sorgt für umfassende Nutzbarkeit und lässt sich auch als Voraussetzung für eine optimale mobile Darstellung verstehen. So sollten Webseiten für alle Zielgruppen und auf jedem Endgerät funktionieren – auch bei geringer Bandbreite. Dasselbe gilt für Dokumente: Sie sollten auf allen Geräten und mit allen Hilfsmitteln, wie Screenreadern und assistiven Technologien nutzbar sein.
Ein gut strukturierter Code zum Beispiel mit Alt-Texten und korrekt deklarierten Benutzeroberflächenelementen verbessert die Barrierefreiheit und macht Inhalte etwa über Screenreader auch für Menschen mit eingeschränkter Sehfähigkeit leicht auffindbar. Für Dokumente bedeutet dies, dass sie korrekt strukturiert und mit Tags versehen sein müssen, um eine barrierefreie Navigation und Nutzung zu ermöglichen.
Gesetze und Verordnungen wie das Behindertengleichstellungsgesetz (BGG) und die Barrierefreie-Informationstechnik-Verordnung (BITV 2.0) verpflichten auch Versicherungen dazu, ihre digitalen Angebote barrierefrei zu gestalten. Dazu kommen ab 2025 die Bestimmungen des European Accessibility Act (EAA) und des darauf aufbauenden Barrierefreiheitsstärkungsgesetzes (BFSG). Diese gesetzlichen Anforderungen gelten sowohl für Webseiten als auch für alle digitalen Dokumente, die bereitgestellt werden.
Von Barrierefreiheit profitieren nicht nur bestimmte Zielgruppen. Alle Nutzer haben etwas von einfacher Bedienbarkeit, einheitlichen Navigationsmechanismen und barrierefreien Farbkonzepten. Denn diese erleichtern die Orientierung ganz generell und verbessern die Lesbarkeit – etwa bei direkter Sonneneinstrahlung. Das gilt auch für Dokumente, wo eine klare Struktur und gut lesbare Inhalte für alle Benutzer von Vorteil sind.
Barrierefreie Websites lassen sich von mehr Menschen nutzen, sie stärken die Auffindbarkeit für Suchmaschinen und sorgen auch damit für mehr Nutzer. Barrierefreie Dokumente verbessern ebenfalls den Zugang und die Reichweite der Informationen, die ein Versicherer bereitstellt und erhöhen die Kundenbindung. Durch die gesteigerte Reichweite können Versicherer die laufende Digitalisierung der Branche zu ihrem eigenen Vorteil nutzen.