Barrierefreiheit im Internet: Untersuchung zeigt Nachholbedarf bei Versicherungen

  • 08.10.2024
  • Lesezeit 4 Minuten
Barrierefreiheit im Internet: Untersuchung zeigt Nachholbedarf bei Versicherungen

Eine aktuelle Analyse der PPI AG zeigt, dass die deutschen Versicherer noch weiter an der Barrierefreiheit ihrer Internetangebote arbeiten müssen. Keine der untersuchten Versicherungen erfüllt derzeit die Mindestanforderungen zur Barrierefreiheit gemäß Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG). Ab dem 28. Juni 2025 verpflichtet der Gesetzgeber jedoch die Branche zur Umsetzung. Wo sich die Folgen bislang auf Imageschäden beschränkten, drohen dann Strafen bei Nichterfüllung.

Das BFSG erlässt ab dem 28. Juni 2025 verpflichtende Vorgaben für Produkte sowie Dienstleistungen im Internet. Es gilt beispielsweise für Webseiten, Apps, Dokumente, Portale, Online-Kaufprozesse und Onlineverträge – unter anderem von Finanzdienstleistern. Grundlage des Gesetzes bilden die internationalen Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) der Stufe A und AA zur Umsetzung von Barrierefreiheit und die europäische Norm EN 301 549. Wie es mit der Erfüllung dieser Kriterien in der Assekuranz aussieht, war Gegenstand einer stichprobenhaften Untersuchung der PPI AG.

Getestet wurden zwölf Versicherungen in Deutschland mit einem B2C-Fokus anhand von 15 Pflicht- und 5 Kann-Kriterien. Gegenstand war der aktuelle Umsetzungsstand von Barrierefreiheit auf den jeweiligen Startseiten, Loginseiten zum Onlineportal, Consentbannern und Produktübersichtsseiten. Ergebnis: Keine der untersuchten Versicherungen erfüllt derzeit die Mindestanforderungen zur Barrierefreiheit gemäß BFSG. Die Folge sind erhebliche Nutzungshürden für eingeschränkte Personen, sodass die Bedienung wichtiger Vertriebs- und Serviceprozesse oder von Portalen erschwert wird.

Zusätzlich wurden auch digitale Dokumente untersucht, insbesondere solche, die im PDF/A-Format vorliegen. Im Vergleich dazu bietet das PDF/UA-Format barrierefreiere Funktionen. PDF/A-Dokumente entsprechen nicht immer den Anforderungen der Barrierefreiheit, da sie nicht die notwendige Struktur und Tags aufweisen, um von assistiven Technologien vollständig genutzt werden zu können.

Die praktischen Auswirkungen derartiger Barrieren erläutert Stan Patzschke, Manager bei der PPI AG:

„Viele Menschen mit Beeinträchtigungen sind beispielsweise auf Screenreader angewiesen. Häufig lässt sich mithilfe dieser Vorleseanwendungen nicht erkennen, wo sich etwa der Login des Versicherers befindet und wie er zu bedienen ist.“

Ähnliches gilt für Eingabefelder in Formularen, bei denen ausreichende Kontextinformationen fehlen. Nutzer mit Einschränkungen können sie schlicht nicht bedienen.

„Hiervon sind nicht nur Personen mit Behinderungen betroffen, auch ältere Menschen sehen sich häufig mit Schwierigkeiten konfrontiert“, betont Patzschke.

Insgesamt umfassen die WCAG 435 Einzelpunkte, dazu kommen rund 24 erweiterte Anforderungen der EN 301 549 – das BFSG baut auf diesem Gesamtkatalog auf und alle Versicherer in Deutschland müssen sie erfüllen. Die im Rahmen der Untersuchung geprüften Website-Bestandteile stammen aus Themenclustern wie Tastaturbedienung, Screenreader-Nutzbarkeit, Code, Bilder, Video oder Audio. Die PPI AG hat 20 besonders wichtige von den insgesamt 86 Kriterien des WCAG 2.2 für die Untersuchung ausgewählt.

Die Branche hat den Handlungsbedarf jedoch bereits erfasst. Denn die Marktkontakte der PPI AG zeigen, dass viele Versicherungen aktuell Barrierefreiheitsprojekte gestartet haben. Stan Patzschke:

„Der schiere Umfang der BFSG-Vorgaben erfordert zwar umfangreiche Anpassungen, noch ist aber genug Zeit zur Umsetzung für die Versicherer in Deutschland. Es kommt aus unserer Sicht jedoch darauf an, an den richtigen Stellschrauben zu drehen und effizient vorzugehen. Dazu gehört beispielsweise, die Themenfelder klar zu definieren und die Umsetzung entsprechend zu priorisieren.“

Für die Nichteinhaltung der Vorgaben droht das BFSG ab Juni 2025 mit Sanktionen. Vorgesehen sind unter anderem eine Ermahnung bei Nichterfüllung, gekoppelt mit kurzen Verbesserungsfristen sowie Bußgelder bei Nichteinhaltung. Im Maximalfall dürfen die zuständigen Stellen sogar verlangen, dass die betroffene Funktion bis zur Behebung des Problems abgeschaltet wird. Wichtiger ist laut PPI-Manager Patzschke jedoch etwas anderes:

„Ein Abbau digitaler Barrieren steigert nicht nur die Reputation des Unternehmens, sondern öffnet es auch für weitere Zielgruppen, denen der Zugang bislang erschwert oder sogar ganz verwehrt wurde.“

Das dürfte eine willkommene Gelegenheit für Versicherer sein, im hart umkämpften Markt weitere Kunden für sich zu gewinnen.
 

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 Geerd Lukaßen PPI AG

Geerd Lukaßen

Pressesprecher

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